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11. März 2020 · Kulturtipps

Buch-Tipp

Leben, Schreiben, Atmen: eine Einladung zum Schreiben
von Doris Dörrie im Diogenes Verlag 2019 erschienen.

„Schreiben heißt die Welt einatmen. Für Doris Dörrie ist Schreiben eine Methode, intensiver zu leben... Die große Autorin und Regisseurin lädt uns ein, das Glück des täglichen Schreibens mit ihr zu teilen: einfach loszuschreiben, über das eigene Leben, und dabei auf Scham, Angst, Selbstzweifel und Rechtschreibregeln zu pfeifen."

Dieser Ausschnitt aus dem Vorwort bringt es für mich auf den Punkt: wenn du deine persönlichen Worte aus deiner Wahrnehmung heraus auf ein Blatt Papier bringst, kann etwas passieren, dass in dir ein Glücksgefühl auslöst, weil du frei und spielerisch Erinnerungen deiner Vergangenheit, beobachtende Momente im Hier und Jetzt, sowie Funken deiner Zukunftsträume zu einem bunten Farbteppich aus Wörtern zusammenweben kannst. Dabei entsteht etwas, das es so niemals zuvor gegeben hat. Doris Dörrie erzählt auf 277 Seiten autobiographisch von „Einkaufen – Blödsinn – Der Boden unter meinen Füßen – Jemand anders sein – Verliebt – Piercing – Super Chicken – Schwimmen – Blutmond – Ein Tag – Gespenster – Einsamkeit und Fische ..."

Die kurzen Geschichten sind witzig, melancholisch, tiefgründig und voller Leidenschaft zum Leben mit allen Hochs und Tiefs. Ich habe mich als Leserin darin wieder erkannt, habe geschmunzelt, gelacht und war berührt. Es macht einfach total Spaß, in die Geschichten einzutauchen und am Ende jeder Erzählung von Doris Dörrie einen Kick zum persönlichen Schreiben zu bekommen, wenn es da beispielsweise heißt:

„Schreib' über Lügen. Hast du als Kind wenig oder viel gelogen? Gar nicht gelogen? Wirklich?" Oder: „Schreib über das erste Mal. Das erste Mal von irgendetwas. ‚Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne' – Quatsch. Manchmal ist der Anfang, das erste Mal einfach nur Mist, eine Enttäuschung, ein Alptraum. Manchmal aber ist er tatsächlich verzaubert."

Doris Dörrie vermittelt, wie heilsam das spontane Schreiben ist, es hat eine therapeutische, erdende Kraft. Hier entsteht eine Verbindung zu unserer Psychotherapie mit kreativen Mitteln am TCE. Jede Patientin erhält im Laufe ihres Aufenthalts mehrere Schreibaufträge (Tag in der Krankheit, Entschuldigungsbrief an den Körper, Motivationsbericht, Lebenslinie...). Auch das emotionale Schreiben hat einen wichtigen Platz in unserem Therapiealltag. Persönliche Sprache, individueller Ausdruck werden am TCE groß geschrieben. In der Kunsttherapie benutzen wir das „automatische Schreiben" als Aufwärmübung zu nachfolgenden malerischen Umsetzungen. Auch das ist befreiend und macht Spaß, oft tauchen dabei wichtige Themen aus dem Unbewussten auf.

Noch einmal zurück zu Doris Dörrie. Sie sagt: „Autokorrektur ist ein ganz gutes Wort für das, was wir ständig mit uns selbst anstellen: Wir korrigieren uns, ehe wir Erwartungen nicht erfüllen können. Wir wollen es unbedingt richtig machen..."

„Leben, Schreiben, Atmen" lädt dazu ein, das innere Kind unverblümt sprechen zu lassen. Dabei schimmern die eigentlichen Herzensanliegen hinter den vielen kopflastigen Aktionen unseres Alltags durch. Spielen im Hier und Jetzt!

 

Bildnachweis: ClipDealer

 

Über die Autorin des Kulturtipps

Dorothee Walter arbeitet seit 2005 als Kunsttherapeutin im TCE. Sie ist Diplom-Musikbibliothekarin und Kunsttherapeutin mit langjährigen Erfahrungen im Museumswesen (Lenbachhaus München), eigenen Ausstellungsprojekten und Kreativworkshops. Ihr besonderes Interesse gilt der modernen Kunst, sie besucht gerne Ausstellungen, liebt Yoga und Tanzen, schreibt und zeichnet gerne in ihr Tagebuch und findet ihren Ausgleich in der Stille der Natur. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter im Isartal.